Da dieses Thema gerade so aktuell ist, wiederhole ich hier noch einmal einen Beitrag, der schon länger zurückliegt.
Wo liegt der zentrale Konflikt deiner Geschichte?
Das wird man oft gefragt, wenn man das Thema eines Romans in komprimierter Form, zum Beispiel in Form eines Pitchs (dazu an anderer Stelle mehr) darlegen will.
Ich will aber gar keine Konflikte, meine Geschichte soll lustig und fröhlich sein. Alles soll nett und friedlich ablaufen.
So wurde mir gesagt. Und worum ging es? Um einen Liebesroman. Wozu braucht man in der Liebe Konflikte? Im richtigen Leben eher weniger, das gebe ich zu. Auch wenn man selten ohne auskommt. Doch bei einer Geschichte?
Nehmen wir doch mal ein Beispiel:
Ein Mann hatte sich von seiner Jugendliebe getrennt und trauert ihr noch nach. Durch Zufall treffen sie sich wieder, sie hat ihre Meinung geändert und sie werden ein Paar. Alle leben glücklich bis an ihr Ende.
Würden Sie den Roman lesen wollen? Wenn nein, warum nicht?
Richtig. Weil die Geschichte keine Spannung bietet. Eben weil es keinen Konflikt gibt. Andere Version:
Ein Mann hatte sich von seiner Jugendliebe getrennt und trauert ihr noch nach. Durch Zufall treffen sie sich wieder, sie hat ihre Meinung nicht geändert und der Mann bleibt allein zurück.
Würden Sie den Roman lesen wollen? Wenn nein, warum nicht? Hier gibt es einen Konflikt. Wo ist also das Problem? Er wird am Ende nicht gelöst! Andere Version:
Ein Mann hatte sich von seiner Jugendliebe getrennt und trauert ihr noch nach. Durch Zufall treffen sie sich wieder, sie hat ihre Meinung nicht geändert und der Mann bleibt allein zurück. Doch er verabschiedet sich von seinen Illusionen, öffnet sein Herz und erkennt, dass die Liebe genau vor seinen Füßen liegt. Er greift zu und wird glücklich.
Würden Sie den Roman lesen wollen?
Ich weiß es nicht, aber mich würde er interessieren. Warum? Weil es einen zentralen Konflikt gibt, der Spannung und Emotionen verspricht. Außerdem bietet er ein Ende, das mich entweder weiser oder glücklicher zurücklässt.
Allerdings sollte man es auch nicht übertreiben.
Ein Mann hatte sich von seiner Jugendliebe getrennt und trauert ihr noch nach. Durch Zufall treffen sie sich wieder, sie hat ihre Meinung geändert, doch jetzt hat der Mann seine Meinung geändert. Er wandert nach Australien aus und beginnt dort ein Studium, während seine Freundin heiratet und vier Kinder kriegt. Er tötet versehentlich ein Känguru und fällt in eine tiefe Depression. Dann bricht er sein Studium ab und lernt eine andere Frau kennen. Seine erste Freundin reagiert jetzt eifersüchtig …
Würden Sie den Roman lesen wollen? Wenn nein, warum nicht?
Richtig. Die Betonung liegt beim zentralen Konflikt auf dem Wort “zentral”. Es sollte sich um einen Kernpunkt drehen und nicht um ein halbes Dutzend Konflikte, die absolut nichts miteinander zu tun haben.
Um zu testen, ob man einen zentralen Konflikt und eine Lösung zu bieten hat, gibt es den “Pitch”. Eine Beschreibung des Konflikts und seiner Lösung in maximal zwei Sätzen. Lässt sich die Geschichte nicht in diese zwei Sätze quetschen, dann hat man ein Problem. Denn man hat nicht wirklich Ahnung, worum es in dem Roman überhaupt geht.
Und der Leser leider auch nicht.
Wenn Sie ein Buch planen, dann formulieren Sie einen Pitch, der sie als Wegweiser durch die Geschichte führt.
Ein solcher Pitch kann und sollte auch für jede einzelne Szene formuliert werden.